"Wir experimentieren mit völlig neuen Formen des immersiven Geschichtenerzählens."
Markus Dömer ist Head of Business Development & AR/VR TechHub beim Carlsen Verlag in Hamburg und seit diesem Jahr Mitglied in unserem Beirat. Wir haben mit ihm über die Verwendung von AR, VR und KI gesprochen und erfahren, wie viel Potenzial für den Verlag in den Technologien steckt. Es geht um Edutainment, immersives Storytelling, interaktive Audioformate und digitale Produkentwicklung in Zeiten einer Pandemie. Viel Spaß beim Lesen!
nextMedia: Carlsen experimentiert in Hamburg viel mit AR und VR, auch für die gesamte Bonnier Gruppe. Welche Produkte haben in diesem Bereich besonders viel Potenzial für euch als Medienunternehmen?
Markus: Wir halten das Thema AR/VR für eines der ganz großen Zukunftsthemen, insbesondere unter den Stichworten „Edutainment“ und „Immersive Storytelling“. Als Buchverlage haben wir ein besonderes Augenmerk auf sogenannte hybride Bücher. Hier bieten AR und VR Technologien eine große Chance für sinnvolle digitale Erweiterungen unserer physischen Sachbücher. Somit erhalten wir auf der einen Seite das haptische Erlebnis und die Verlässlichkeit des klassischen Buches und auf der anderen Seite können wir komplizierte Sachverhalte dreidimensional veranschaulichen oder einmalige Perspektiven liefern, die das Papierbuch so nicht bieten kann. Beispiele dafür sind die Bücher „Weltraum“ und „Ozeane“. Beide Bücher sind mit Cardboards (für das eigene Smartphone) ausgestattet und es gibt jeweils eine App, die kostenfrei zu dem Buch heruntergeladen werden kann. So kann zum Beispiel das rotierende Sonnensystem aus einer Weltraumperspektive in einer 360° Ansicht betrachtet werden, oder in unserem gerade erschienenen Ozeane-Buch findet man sich mitten in einem Schwarm von Makrelen wieder und kann in alle Richtungen die umherschwimmenden Fische betrachten.
Wir experimentieren aber auch mit völlig neuen Formen des immersiven Geschichtenerzählens. Eines unserer aufwendigsten Projekte war die virtuelle Umsetzung der bekannten Geschichte „Der nasse Fisch“ (verfilmt als Berlin Babylon), die bei Carlsen als Graphic Novel erschienen ist. Dazu haben wir eine App entwickelt, mit der man in eine virtuelle Comicwelt eintaucht, in der man sich frei bewegen kann. Dort kann man dann die Abenteuer des Protagonisten Gereon Rath in Form eines Point and Click Adventures nacherleben.
Ihr nehmt in diesem Jahr an unserem Prototyping Lab zum Thema KI teil. An welchen Stellen wird KI bei euch schon eingesetzt?
KI ist für uns ebenfalls eines der großen Zukunftsthemen. Wir haben schon in kleineren Projekten ausgelotet, wie wir KI in der Textanalyse und -bewertung einsetzen können, zum Beispiel um unseren Lektoren bei der Potenzialeinschätzung neuer Manuskripte zu unterstützen. Da gibt es bereits einige sehr spannende Ansätze, die natürlich noch mit den praktischen Anforderungen des Verlagsalltags abgeglichen werden müssen.
Für das Prototyping Lab haben wir aber eine sehr pragmatische und gut einzugrenzende Challenge gewählt. Wir wollen mit Hilfe von KI unter Berücksichtigung verschiedenster interner und externer Einflussfaktoren automatisierte Empfehlungen für den Nachdruck von Büchern generieren. Dabei geht es immerhin um mehrere Tausend Entscheidungen pro Jahr mit jeweils sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen.
Ein Jahr Pandemie haben wir jetzt schon hinter uns. Inwiefern hat Corona einen Einfluss auf eure digitalen Produktentwicklungen genommen?
Corona hat auf verschiedenen Ebenen Einfluss auf unsere digitalen Produktentwicklungen genommen. Einerseits haben wir natürlich eine verstärkte Nachfrage nach unseren digitalen Produkten wie e-Books oder unseren Conni Apps registriert. Gleichzeitig ist gerade in unserem Bereich der kreative Austausch untereinander essentiell. Hier mussten wir uns neue (virtuelle) Formate erschließen, um unseren kreativen Resonanzboden weiter schwingen zu lassen. Das gelingt uns aber zunehmend gut und wir versuchen unsere Erfahrungen in den gesamten Verlag zu tragen. Ein Thema mit dem wir uns seit längerem befassen ist das interaktive Audioformat. Also kein klassisches Hörbuch, sondern eher kürzere Formen, die auch interaktiv einsetzbar sind. Außergewöhnlich gute Resonanz haben wir auf unseren Pixi-Gute-Nacht-Geschichten Skill erhalten, den wir für Alexa-Devices programmiert haben. Hier haben wir offenbar einen Nerv getroffen – der Launch dieses neuen digitalen Formats mitten in der Corona Pandemie war angesichts der hohen Zugriffszahlen auf jeden Fall kein Nachteil.
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