Moderatorin, Redakteurin, Nachrichtensprecherin und Bewegtbild-Produzentin – Tausendsassa Astrid Rolle übernimmt in diesem Jahr die Moderation des scoopcamp. Wir haben uns im Vorfeld ihrer scoopcamp-Premiere mit ihr über visuellen Journalismus, Monetarisierungsmöglichkeiten journalistischer Angebote und neue Medientrends unterhalten.
Seit sieben Jahren schon sind sie als Redakteurin und Sprecherin beim Radiosender MDR Jump tätig, wo sie Nachrichten an ein vergleichsweise eher jüngeres Publikum vermitteln. Welche Besonderheiten gilt es dabei, im Vergleich zu klassischen Nachrichtenformaten, zu beachten?
MDR Jump ist ein Unterhaltungs- und Familiensender und das wirkt sich tatsächlich auf die Nachrichten aus. Klar informieren wir über Politik, Wirtschaft, Soziales, Kultur und Sport, aber von den klassischen Nachrichten wie den Info-Wellen der ARD unterscheiden wir uns durch Auswahl, Sprache und Schwerpunkte. Grundsätzlich fragen wir nach der Relevanz der Nachricht für unsere Zuhörer, so haben unsere News Gesprächswert. Und wir legen Wert auf einen konstruktiven Journalismus. Das heißt, wenn wir über Missstände berichten, versuchen wir Hintergründe, Lösungen oder auch einen Service für unsere Zuhörer anzubieten und nach Ursachen zu fragen. Außerdem reihen wir nicht eine negative Schlagzeile an die andere. Im Fokus liegt die Region Mitteldeutschlands, wichtig ist, was zu Hause läuft. Und unsere Sprache und Präsentation ist moderativer, näher am Zuhörer.
Gleichzeitig sind sie auch Moderatorin des Business-Formats XING Talk und zeigen sich als Bewegtbild-Produzentin und Formatentwicklerin für ihre eigene Talk-Show Scharfgestellt St. Pauli verantwortlich. Worin sehen Sie generell die größten Unterschiede und Herausforderungen bei der auditiven und visuellen Vermittlung von Informationen?
Radio und Podcasts finde ich großartig, um reine Informationen, zum Beispiel Nachrichten, Hintergründe oder Wissen, in Ruhe zu vermitteln. Sich ohne Ablenkungen auf Inhalte konzentrieren – herrlich. Die Herausforderung besteht in Verständlichkeit, Sprache und Sprechen. Das alles sollte auf den Punkt sein.
Bei meinen visuellen Formaten kann ich dagegen auch meine Persönlichkeit stark einbringen, das Zwischenmenschliche und Emotionen der Akteure sichtbar machen. Informationsvermittlung kann zum Infotainment werden! Bei meiner Unterhaltungstalkshow „Scharfgestellt St. Pauli“ verstärkt sich das noch. Und ich nehme durch das Spiel mit der Kamera Bindung zur Zuschauerschaft auf. Das und der Einsatz unserer subjektiven Kameraführung gibt dem Publikum das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein. Bewegtbilder sind eine starke Erzählebene!
Der visuelle Teil, genauer der visuelle Journalismus, wird ein Schwerpunkt des diesjährigen scoopcamp sein. So kommen mit Jeremy Caplan und scoop Award-Trägerin Shazna Nessa internationale Experten dieses Bereichs nach Hamburg. Beide sind im Vorfeld der Konferenz nicht müde geworden, die zunehmende Bedeutung von Visuals und Videos zu unterstreichen. Zeigt sich dieser Trend auch in Ihrem Berufsalltag?
Video ist Trumpf! Wer das nicht beherrscht, verliert die nachfolgende Generation. Die lässt sich bei Youtube die Welt erklären, siehe Rezo. Ältere und Jüngere vereint der ständige Zeitmangel und da schaffen es Visuals, eine klare Info, ein prägnantes Zitat schnell zu vermitteln. Und Bilder wirken emotional: Beim Radio gewinnen die Onlineredaktionen an Bedeutung, im laufenden auditiven Programm verweisen wir beispielsweise auf dortige Videos. Meine Talkformate sind ja bereits visuelle, aber auch dort bieten wir – zusätzlich zur abendfüllenden Show/zum ausführlichen Businesstalk – kurze Clips mit den Gästen, als kleinen, schnell zu konsumierenden Teaser.
Die Monetarisierung journalistischer Angebote ist immer wieder ein Thema, das für Diskussionen sorgt. Wie sollten ihrer Meinung nach zukunftsfähige Angebote aussehen?
Möglicherweise brauchen wir so etwas wie ein „Netflix für Journalismus“ statt zig Einzelabos. Dafür müssen sich aber die Verlage bewegen. Und auch über einen unkomplizierten, günstigen Verkauf von einzelnen Artikeln könnten wir nachdenken – bei den meisten Verlagen muss ich mich nämlich für einen Wochen- oder Monatspass entscheiden. Mehr Individualisierung bei Angeboten wäre fein. Und wichtig sind smarte Bezahlfunktionen. Wir sollten in jedem Falle offen diskutieren, auch mit den Lesern. Kommerzieller Qualitätsjournalismus als Pfeiler unserer liberalen Demokratie ist heute vielleicht wichtiger denn je. Zudem bedrohen Fake-News unsere Gesellschaft. Die Kosten eines guten Journalismus und die geringe Zahlungsbereitschaft beißen sich. Ich bin gespannt, was die Experten und Expertinnen beim diesjährigen Scoopcamp dazu sagen.
Am 25. September werden Sie als Moderatorin durch die elfte Ausgabe des scoopcamp führen. Worauf freuen Sie sich bei Ihrer scoopcamp-Premiere am meisten?
Auf jeden Fall auf spannende Inhalte und Inspiration – diese Konferenz ist ein tolles Format, um sich transparent fachlich auszutauschen und ein Wir-Gefühl entstehen zu lassen! Dann freue ich mich natürlich auf die hochkarätigen Redner. Knallernamen! Und natürlich ist auch der Bühnenmensch in mir happy: Das Live-Event mit rund 300 fachkundigen Gästen lässt mein Moderatorinnenherz höher schlagen.
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