Studierende der Universität Hamburg, Fachhochschule Wedel und Hamburg Media School haben im Rahmen des Prototyping Lab drei Monate lang mit N-JOY, SPIEGEL MEDIA und Bauer Media Group an KI-Prototypen gearbeitet. Herausgekommen sind drei faszinierende Ergebnisse, die bei einer Abschlussveranstaltung bei designxport Hamburg erstmalig vorgestellt wurden.
Eine Music Prediction Machine, ein Filter gegen betrügerische und unpassende Werbung und eine intelligente Rezeptdatenbank – das sind die Ergebnisse des zweiten Prototyping Lab von nextMedia.Hamburg, die Studierende der Universität Hamburg, Fachhochschule Wedel und Hamburg Media School in Zusammenarbeit mit den Hamburger Medienhäusern N-JOY, SPIEGEL MEDIA und Bauer Media Group entwickelt haben. Die Prototypen wurden im Rahmen des Prototyping Lab Reveals vorgestellt, zu dem sich Projektbeteiligte und Gäste bei designxport Hamburg zusammenfanden. Die Veranstaltung bildete den Abschluss dreier arbeitsintensiver Monate, in denen sich die interdisziplinären Studierenden-Teams mit Challenges ihrer Partnerunternehmen auseinandergesetzt hatten.


Den ersten Case des Abends stellte Team N-JOY vor, das sich die Ausgangsfrage gestellt hatte, wie Redakteur*innen bei der Auswahl neuerschienener Musikstücke unterstützt werden können. Um dieses Vorhaben umzusetzen, stellte die junge Welle des NDR den Studierenden Umfrageergebnisse sowie 500 bewertete Songs zur Verfügung, auf deren Basis eine KI entwickelt und trainiert werden konnte. Die Idee: Die Entwicklung einer Music Prediction Machine, die Musiktitel nach verschiedenen Merkmalen analysiert und die Wahrscheinlichkeit bestimmt, mit der ein Song dem*der durchschnittlichen Hörer*in des Radiosenders gefällt. Der Versuch eines solchen Zielgruppen-Targetings für das Radio sollte sich dabei schnell als Neuland herausstellen, gibt es derzeit doch keine vergleichbaren Anwendungen – weder national noch international. Das Projekt-Team entwickelte im ersten Schritt einen Audio Analyzer, der Musiktitel nach 33 Kriterien wie Geschwindigkeit, Stimmung oder Genre untersucht und die Ergebnisse dann an eine KI-Anwendung ausspielt. Diese gleicht die Resultate mit den Umfrageergebnissen und dem bisherigen Hörverhalten und Geschmack der Zielgruppe ab, ehe das User Interface die Erkenntnisse für die Redakteur*innen aufbereitet. Die Musikredaktion könnte so bei der Auswahl und Codierung von Neuerscheinungen unterstützt werden, der menschliche Faktor bleibt bei der Songauswahl jedoch die entscheidende Instanz, wie auch Dr. Johanna Leuschen, Redakteurin für Innovation bei N-JOY, betonte: „Wir sind mit dem Ergebnis auf jeden Fall sehr zufrieden und glauben, dass das Lab eine Art Kick-off war, um auszuloten, inwieweit Künstliche Intelligenz Journalisten helfen kann. Natürlich ist das jetzt noch keine Music Predicition Machine, die man bei N-JOY tagtäglich einsetzen kann, aber das waren auch gar nicht unsere Erwartungen. Ich sehe das Prototyping Lab als Forschungszusammenarbeit, auf der man jetzt aufbauen kann.“

Als nächstes durfte das Team von SPIEGEL MEDIA seinen Prototyp vorstellen, der schon bald die Markensicherheit vieler Online-Produkte erhöhen könnte, indem er unseriöse Creatives des GoogleAdManagers automatisch blockiert. Betrügerische und unpassende Werbung würde mithilfe der Anwendung so herausgefiltert. Zurzeit sei es bei 2,5 Millionen Werbemitteln, die potenziell automatisiert ausgespielt werden können, schlicht nicht möglich, Fake Ads händisch zu identifizieren, erklärte das Entwicklerteam. Um ihr Ziel zu erreichen, nutzen die Studierenden eine sogenannte Support Vector Machine, die basierend auf klassifizierten Daten Vorhersagen über den Urheber der Werbemittel treffen kann. Die große Herausforderung dabei: Diese Daten konnten nicht über eine Schnittstelle ausgelesen werden – eine solche bietet der Suchmaschinen-Riese nämlich nicht an. Daher entwickelten die Studierenden zusätzlich einen Bot, der das Durchsuchen des GoogleAdManagers ermöglicht. Creative für Creative konnte folglich verifiziert und die KI anhand dieser Erkenntnisse trainiert werden. Und das mit großem Erfolg: Bei einer Testmenge von 2.000 Daten glänzt der Prototyp bereits jetzt mit einer Trefferquote von 95 Prozent. Auch bei fremden, größeren Datenmengen seien bereits ähnliche Trefferquoten erreicht worden. Für Mark-Olaf Winter, Leiter Digital bei SPIEGEL MEDIA, sei das Projekt in jedem Fall ein wichtiges Zeichen für die Zukunft – um den Mediennachwuchs mache er sich zumindest keine Sorgen: „Es hat mich sehr beeindruckt, wie die Studierenden immer wieder um die Ecke gedacht haben. Es ist ein großartiges Learning, dass man mit dieser Generation wunderbar zusammenarbeiten kann.“

Last, but not least stellte das Team der Bauer Media Group ihren Prototyp vor: Zusammen entwickelten sie eine strukturierte, intelligente Datenbank, die das Archiv von Deutschlands größtem kompetenzübergreifenden Food-Verlag, dem HOUSE OF FOOD, rückwirkend mit neuen Metadaten versieht und dadurch neue Suchmöglichkeiten eröffnet. Auf Grundlage von 100.000 Bildern und Rezepten hatten die Studierenden hierfür zunächst Merkmale definiert und rund 2.000 Dateien manuell getaggt, ehe ein neuronales Netz antrainiert werden konnte. Dieses kann nun die vorhandenen Rezepte und Bilder nach Merkmalen wie Farbe und Zutat automatisch taggen. Darüber hinaus integrierten die jungen Entwickler*innen eine Reverse-Searching-Funktion in die Datenbank. Der Prototyp ermöglicht Redakteur*innen nicht nur das Auffinden von noch unbekannten Rezepten, sondern lässt die Dateien auch nach Kalorien oder Ernährungsformen wie beispielsweise vegan, glutenfrei, zuckerfrei oder laktosefrei filtern und so neue Foodtrends mit bereits vorhandenem Archivmaterial verbinden. Malte Jensen, Verlagsleiter im HOUSE OF FOOD, unterstrich im Anschluss an die Präsentation den praktischen Nutzen des Projekts: „Dieser Prototyp beantwortet ganz explizit eine Fragestellung aus der Praxis und löst somit ein echtes Problem. Man könnte im Prinzip direkt anfangen, damit zu arbeiten. Wir haben definitiv feststellen können, dass es sich immer lohnt, einen externen Blick auf interne Projekte zuzulassen.“

Auch Niklas Drews, Student an der Fachhochschule Wedel und Mitglied im Team N-JOY, zog ein überaus positives Fazit: „Besonders viel Spaß hatte ich an der interdisziplinären Arbeit mit meinen Teamkollegen. Mir hat am besten gefallen, dass wir nicht an irgendwelche Regularien gebunden waren, sondern uns im Team einfach abgesprochen haben und in Ruhe arbeiten konnten.“ Das zweite Prototyping Lab konnte insgesamt den Wert interdisziplinärer Zusammenarbeit und externer Perspektiven unter Beweis stellen und die Wagnisse alle Partner mit gangbaren, neuen Lösungen belohnen, wie auch Eugen Ruppert, Operative Leitung base.camp an der Universität Hamburg, befand: „Die Prototypen, die im Zuge des Prototyping Lab entstanden sind, finde ich sehr beeindruckend. Da ist zum einen die Technik, also die KI-Seite, die wirklich sehr sauber umgesetzt wurde, ohne viel Hilfe von extern. Was ich aber noch stärker finde, ist, dass die Teams komplett zusammengewürfelt wurden. Verschiedene Hochschulen, verschiedene Studiengänge und verschiedene Medienpartner haben zusammen eine Sprache gefunden, um zu kommunizieren und etwas Starkes auf die Beine zu stellen.“
Weitere Eindrücke der Veranstaltung haben wir in einem Video festgehalten:

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Die dritte Runde des Prototyping Lab befindet sich bereits in der Planung. Weitere Informationen zum Programm findet ihr hier.
- Tags: KI, Prototyping, Technologie
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