ACTitude; Fotocredit: Sebastian Fuchs, Fuchs & Kaap

Start-up ACTitude bietet digitale Präventionsangebote für psychische Erkrankungen

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Der digitale Begleiter für psychische Flexibilität

Das Hamburger Start-up ACTitude bietet digitale Präventionsangebote für psychische Erkrankungen an. Die Grundlage für diesen Ansatz ist die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Mithilfe von Web- und App-Kursen soll ACTitude zum Begleiter im Alltag werden, der für Nutzer*innen eine anonyme Möglichkeit bietet, gezielt und jederzeit Hilfe in Anspruch zu nehmen. 

Diana Huth ist Psychologin und Medienexpertin. Mit ACTitude hat sie es geschafft, beide Welten miteinander zu vereinen: „Wir möchten Menschen in ihrer psychischen Flexibilität stärken. Diese hilft uns, effektiv mit emotionalen Herausforderungen umzugehen und dadurch mehr Raum für Dinge zu haben, die uns wichtig sind. Das gilt für alle Lebenslagen, bei großen und kleinen Herausforderungen.“ 

Ihre Mitgründer*innen hat sie über Online-Anzeigen gefunden. Das Team besteht neben ihr noch aus dem promovierten Volkswirt Jan Klobucnik, der Psychologin und UX/UI-Researcherin Sophia Wingen sowie dem Fotografen und Medienmanager Phil Wildschütz. Das Team arbeitet komplett remote und besteht aus Gründer*innen, die in Hamburg und Nordrhein-Westfalen leben. Aktuell sucht ACTitude noch einen CTO, der Lust hat auf ein wissenschaftlich ausgerichtetes und psychologisch orientiertes Start-up.

Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen 

Bei ACTitude möchten die Vier das alltägliche Belastungslevel ihrer Nutzer*innen senken. „Es geht darum, aktiv zu werden, bevor Diagnosen wie Depression oder Anpassungsstörung vergeben werden“, erklärt Diana. „Wir setzen im präventiven Bereich an und fragen uns: Wie können wir Gesundheitskompetenzen stärken, um Menschen resilient durch Krisen zu bringen und auch danach durch das Leben zu geleiten. Denn niemand bringt uns bei, wie wir mit Verlust, Ablehnung oder Scheitern richtig umgehen“, betont sie weiter. Der Einstieg für Nutzer*innen soll deswegen so leicht wie möglich sein. Auf Kanälen wie Instagram und YouTube sorgt ACTitude mit Content-Marketing für Aufklärung psychologischer Begriffe und bietet unterhaltsame Alltagsbeispiele. 

"Denn niemand bringt uns bei, wie wir mit Verlust, Ablehnung oder Scheitern richtig umgehen."

Und auch die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen ist unser Anliegen“, sagt Diana. In ihrem Podcast „Die Aufwärtsspirale“ spricht sie mit Expert*innen über bestimmte Methoden und Tipps. Mit gezielten Impulsen aus den Folgen können Menschen sich selbst besser reflektieren. In unseren Videokursen stellen Expert*innen und ich dann Konzepte wie Emotionsregulation, Achtsamkeit und die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) vor und leiten Übungen an.

ACT ist eine Weiterentwicklung der Verhaltenstherapie und besteht aus einfachen, leicht durchführbaren Übungen und Metaphern, die jede*r nachvollziehen kann. Gemäß verschiedenen wissenschaftlichen Meta-Studien zeigt die ACT eine höhere Wirksamkeit als die Verhaltenstherapie. 

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Jede*r vierte Erwachsene erfüllt die Kriterien einer psychischen Störung 

Durch COVID-19 werden psychische Belastungen in unserer Gesellschaft präsenter wahrgenommen. Auf solche Situationen möchte das Start-up vorbereiten. Doch nicht nur während der Pandemie gibt es Handlungsbedarf: Pro Jahr erfüllt jede*r vierte Erwachsene die Kriterien einer psychischen Störung 

Das sind mehr als achtzehn Millionen Menschen. Doch nur jede*r Fünfte davon begibt sich in Behandlung. Das bedeutet, dass jedes Jahr mehr als fünfzehn Millionen Menschen in Deutschland unbehandelt bleiben. Zwei Gründe dafür sind die lange Wartezeit auf Therapieplätze (circa fünf Monate) und die Ängste vor Stigmatisierung durch die Gesellschaft. 

Und nicht nur während der Pandemie ist der präventive Ansatz wichtig: „Menschen werden auch nach Corona ihren Job verlieren oder verlassen werden. Wir streiten uns auch nach Corona mit Kolleg*innen, erkranken oder verlieren nahestehende Menschen“, fasst Diana zusammen. Und Jan ergänzt: „Eigentlich hätten wir das Ganze auch schon vor Corona gebraucht, um mit der Situation weit besser umgehen zu können.“ 

Der Ansatz: eine selbstgewählte Anpassungsfähigkeit 

Die psychische Flexibilität ist Teil der ACT und beschreibt eine selbstgewählte Anpassungsfähigkeit für die unterschiedlichen Herausforderungen des Lebens. Neben dem präventiven Ansatz kann ACTitude auch begleitend zu einer ambulanten Therapie genutzt werden. „Wir möchten bewusst nicht gegen das aktuelle Krankensystem arbeiten, sondern als Ergänzung.“ 

Der Kurs Multimodales Stressmanagement “ ist ein Präventionskurs und soll im Herbst auf den Markt kommen. Die ersten Videos werden gerade produziert. Bei Präventionskursen können Kosten auch rückwirkend von der Kasse übernommen werden. Die Preisspanne für die geplanten Kurse, die aus verschiedenen Einheiten bestehen und über mehrere Wochen gehen, liegt voraussichtlich zwischen 90 und 120 Euro.

Spezielle Kurse für Kinder und Jugendliche 

Auch für Kinder und Jugendliche soll es Videokurse geben. Erste Zahlen zeigen, dass durch die Corona-Pandemie noch mehr Menschen psychisch belastet sind. Besonders hart trifft es dabei Kinder: Vor der Pandemie war etwa jedes fünfte Kind psychisch auffällig, nun ist es bereits jedes dritte.  Aktuell gibt es laut Diana lediglich Meditations-Apps für Kinder und Jugendliche, aber keine konkreten Hilfestellungen. Ein weiteres Beispiel sind Podcastformate wie „Die Aufwärtsspirale“ von Diana, wo es u.a. um alltagstaugliche Methoden und praktische Methoden geht, die Nutzer*innen psychologische Unterstützung geben.

„Da würden wir gerne ansetzen und uns entsprechende Expert*innen ins Boot holen. Deswegen sind wir in Gesprächen mit der Deutschsprachigen Gesellschaft für kontextuelle Verhaltenswissenschaften e.V. (DGKV)“, sagt Diana. Der Verein repräsentiert primär ACT-Expert*innen.  

Die Suche nach dem richtigen Kooperationspartner 

Weiter sind die Gründer*innen auf der Suche nach Kooperationspartnern. „Das könnte eine Krankenkasse sein, die natürlich auch Vorteile hat, wenn sie Präventionsarbeit leistet. Denn perspektivisch würden dann hoffentlich später weniger Menschen eine zusätzliche Psychotherapie brauchen“, sagt Jan.

„Wir möchten bewusst nicht gegen das aktuelle Krankensystem arbeiten, sondern als Ergänzung.“

Derzeit führen psychische Erkrankungen bereits zu etwa 34 Milliarden Euro Kosten für den Arbeitsmarkt und zu 44 Milliarden direkte Kosten im Gesundheitssystem.

Deswegen würde sich auch für größere Unternehmen eine Partnerschaft anbieten, da diese ihren Mitarbeiter*innen dann Kurse im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements anbieten könnten.  

Wertvoller Austausch mit Hamburger Expert*innen 

In Hamburg ist das Start-up bereits in Gesprächen mit Akteur*innen der Gesundheitswirtschaft Hamburg. Hier engagieren sich kleine und große Unternehmen des Gesundheitswesens. Außerdem nutzt das Team aktiv das Netzwerk von Media Lift, dem Content und Tech Inkubator von nextMedia.Hamburg. „Ich finde es total wertvoll, dass sich komplett passgenau um uns gekümmert wird. Wir werden mit tollen Playern hier in Hamburg vernetzt und haben einen großen Pool an Menschen, die die uns unterstützen“, findet Diana.  

„Das was Media Lift ausmacht, ist einerseits die stark vernetzte Community, aber auch die recht spitze Ausrichtung auf mediennahe Start-ups. Durch diese Vorauswahl ist die Qualität des Programms höher, weil wir uns auch untereinander austauschen können“, sagt Jan.

Zur Finanzierung des Start-ups sagt Diana: „Aktuell finanzieren wir uns durch die Fördermittel von EXIST und Media Lift, die den Projektstart überhaupt erst möglich gemacht haben. Für weitere Kurse bzw. Kursproduktionen (z.B. für Kinder und Jugendliche und betriebliche Gesundheitsförderung) suchen wir aktuell nach Partnern. Um die ACTitude App realisieren zu können, hoffen wir als Hamburger Unternehmen auf die Fördergelder der Investitions- und Förderbank. Parallel bzw. danach versuchen wir Investoren zu gewinnen.“

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