Hamburg Media School – Mit Crossover-Kompetenzen in die Zukunft

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Wir durften Dr. Katharina Schaefer, Geschäftsführerin der HMS, Fragen zum Studiengang „Digitaler Journalismus“ stellen, der im Wintersemester 2022/23 startet. Denn, dass Journalist*innen bereits in der Ausbildung technische Kompetenzen benötigen, haben die Hamburg Media School (HMS) und die Technische Universität Hamburg (TUHH) erkannt und ein gemeinsames Curriculum auf die Beine gestellt. 

Außerdem haben wir mit Ulrike Dobelstein-Lüthe, der Leiterin des Bereichs Weiterbildungen sowie des Digital Journalism Fellowships und des Journalism Innovators Program an der HMS gesprochen. Sie hat uns Einblicke in die aktuellen Entwicklungen und Innovationen im Journalismus gegeben und das „GetOnSet – Das Film-Trainee-Programm“ als Antwort der HMS auf den Fachkräftemangel in der Filmbranche vorgestellt.

Wie die HMS und die TUHH Digitalen Journalismus gemeinsam denken

nextMedia.Hamburg: Wie kam die Kooperation der zwei Hochschulen zustande und an welchen Stellen im Curriculum wird sie inhaltlich sichtbar? 

Dr. Katharina Schaefer: Wir haben uns auf die Suche nach einem Partner gemacht, der vor allem das technische Know-how mitbringt. Schon bisher beinhaltet das Curriculum Seminare, in denen die Studierenden sich intensiv mit Technik beschäftigen müssen, um zum Beispiel mit mobile- Reporting oder Podcasting journalistische Produkte zu erstellen. Mit der Digitalisierung entwickelt sich auch die Technik sehr schnell und bietet neue Möglichkeiten. Damit die technische Qualität stimmt, muss das entsprechende Know-how vorhanden sein und auch die digitalen Kanäle müssen mitgedacht werden. Auch Datenjournalismus wird ein immer wichtigeres Thema. Um Daten auszuwerten, zu verstehen und aufzubereiten ist es hilfreich, mit der entsprechenden Software umgehen zu können – denn hinter Daten verstecken sich immer auch spannende Themen.

nextMedia.Hamburg: Welche Möglichkeiten und Herausforderungen birgt diese Kooperation für die HMS und den Studiengang?

Dr. Katharina Schaefer: Eine Herausforderung ist es immer, auch die weniger technisch- bzw. digital-affinen Journalist*innen aus dem reinen Printbereich mitzunehmen und zu ermutigen, sich intensiv mit neuen technischen Möglichkeiten zu beschäftigen. Die Technische Universität Hamburg mit ihrem Know-how in IT und Digitalisierung ist hier der ideale Partner für uns, mit unserer Expertise in Medien, Management und Journalismus, den Studiengang immer weiter zu entwickeln und am Puls der Zeit zu bleiben.

 

Technischer Fokus in der journalistischen Ausbildung

nextMedia.Hamburg: Wie habt ihr den Bedarf einer journalistischen Ausbildung mit stärkerem Technologie-Fokus erkannt?

Dr. Katharina Schaefer: Gerade bei der Erstellung journalistischer Produkte in den Seminaren gibt es oft tolle inhaltliche Konzepte, aber bei der technischen Umsetzung mangelt es an Qualität. Klar, der Zugriff auf passable Technik zu erschwinglichen Preisen wird immer leichter, aber auch der Umgang damit will gelernt sein. Wenn man dann plötzlich auch einen Teaser für Social Media liefern muss, braucht man als Print-Journalist*in für die Umsetzung auch das technische Know-how. Schnell mit dem Handy sieht nicht immer auch gut aus. 

Welche Rolle spielt das Licht und wie setze ich es ein? Wie kann ich den Ton gut pegeln und aufnehmen? Wie quadriere ich eigentlich mein Bild? Wie läuft das mit der Postproduktion? Welche Formate gibt es? Wie geht Storytelling in 15 oder 30 Sekunden für Tiktok und Reels und welches Equipment an Ton, Licht und Kamera brauche ich überhaupt dafür? Vor allem, wenn es ständig neue Möglichkeiten für Produktion und Vertrieb gibt. Auch Ansprache und Aufbau können nicht eins zu eins auf alle Formate übertragen werden. Nicht für jedes Produkt muss oder kann gleich ein ganzes Team abgestellt werden. Es ist notwendig, dass Journalist*innen selbstständig auch technisch hochwertige Inhalte erstellen können.

nextMedia.Hamburg: Welche Weiterbildungen im Journalismus sind gerade besonders wichtig? Welche Soft-, welche Hardskills sind gefragt?

Ulrike Dobelstein-Lüthe: Zu den besonders gefragten Hardskills zählen immer noch Verification, Fact Checking, Konzeptionierung von Angeboten für jüngere Zielgruppen, respektive Berichterstattung über Social Media, sowie Daten Journalismus, journalistische Geschäftsmodelle, Klimajournalismus und lösungsorientierter Journalismus. Einen hohen Bedarf an Softskills sehen wir beispielsweise, wenn es um Innovation und Change geht und der Offenheit diesen Prozessen gegenüber. Außerdem sehen wir den Bedarf  innerhalb von Führungsfragen und der strukturellen Veränderung von Teams sowie dem Führen dieser dezentral aufgestellten Teams – über Entfernungen hinweg. Ein wichtiges Thema bleibt außerdem Agiles Arbeiten.

nextMedia.Hamburg: Welche weiteren Entwicklungen in der Content-Branche haben einen Einfluss auf den Journalismus? Wie wird z.B. das Thema der „Creator Economy“ im Studiengang „Digitaler Journalismus“ behandelt?

Dr. Katharina Schaefer: Vor allem die zunehmende Kanalvielfalt, aber auch das Thema Monetarisierung stellen den Journalismus vor neue Herausforderungen. Welche Kanäle sind für mich relevant, wie bespiele ich diese und womit verdiene ich Geld, wenn die Zahlungsbereitschaft bei manchen Produkten eher gering ist? Auch der Dialog mit dem Publikum bzw. der Leserschaft ist heute nicht mehr wegzudenken. Welche Themen sind relevant für mein Publikum und wie kann ich komplexe Zusammenhänge vermitteln, ohne Graubereiche auszulassen? Kann ich bei schwer verdaulichen Themen wie dem Klimawandel zum Beispiel mit einer konstruktiven Berichterstattung, die Lösungsansätze oder Positivbeispiele zeigt, einem Desinteresse des Publikums entgegenwirken? Wie kann ich das Publikum einbeziehen und auch für dessen Themen aufmerksam werden? Diversität ist ein weiteres Feld, wo es im Journalismus noch Potential gibt.

Auch das Thema „Creator Economy“ spielt natürlich eine Rolle.  Die Produkte der Creator sind technisch oft von sehr guter Qualität, reichweitenoptimiert und nah an der jeweiligen Zielgruppe, weil das Publikum meist von vornherein mitgedacht wird. Problematisch wird es aber oft, wenn es um den journalistischen Anspruch geht. Journalismus ist schließlich auch ein Handwerk, das beherrscht werden muss. Quellen müssen überprüft werden und das Wissen darum vorhanden sein. Gibt es eine Redaktion, die die Beiträge vor der Veröffentlichung prüft und journalistische Standards anlegt? Kann man zwischen Fakten und Meinung unterscheiden? Oft sind Creator auch hochgradig von Unternehmen, für die sie werben, abhängig. Von redaktioneller Unabhängigkeit kann da kaum gesprochen werden. Aber: Die Creator-Economy schafft in jedem Fall mehr Diversität, oft auch innovative Ideen für neue (interaktive) Formate. Man kann sich davon inspirieren lassen, sollte aber den journalistischen Anspruch dabei nie aus den Augen verlieren – ob als Mitarbeiter*in eines Unternehmens, freie*r Journalist*in oder Gründer*in eines journalistischen Start-ups.

nextMedia.Hamburg: Welche Innovationen sind gerade für den Journalismus wichtig und werden in den Weiterbildungen und Programmen der HMS aufgegriffen?

Ulrike Dobelstein-Lüthe: Die Themen Metaverse und Avatare werden im Content-Bereich in der kommenden Zeit noch stark an Bedeutung gewinnen. Wichtig sind und bleiben weiterhin Bewegtbild und Innovationen rund um textgenerierende Software. Innovationen im Journalismus begleiten uns tagtäglich: Mit dem Journalism Innovators Program (JIP) fördern wir Innovationen im Content-Bereich. Dazu durchlaufen 15 Fellows ein strammes sechsmonatiges Programm – inkl. Workshops, Seminaren, Pitch-Trainings und 1:1-Coachings. Unsere offenen Weiterbildungen, wie die Video Academy, der Content Creation Manager oder das Content Marketing Camp, greifen aktuelle Entwicklungen und Innovationen der Branche auf und vermitteln Fachwissen in diesen Bereichen.

 

GetOnSet – Das Film-Trainee-Programm

nextMedia.Hamburg: Mit eurem neuen Film-Trainee-Programm „GetOnSet” wollt ihr dem Fachkräftemangel in der Filmindustrie entgegenwirken. Wie läuft das ab?

Ulrike Dobelstein-Lüthe: Die Filmindustrie leidet schon seit einigen Jahren unter einem starken Fachkräftemangel – in allen Bereichen! Die Liste der Menschen, die für eine Film- oder Serienproduktion benötigt werden, ist lang. Schauspieler*innen, Regie und Kamera machen da den kleinsten Prozentsatz aus – da geht es weniger um Head-of-Positionen, sondern mehr um den großen Unterbau, den jede Produktion benötigt, um arbeiten zu können. 

In knapp 12 Monaten bilden wir mit GetOnSet qualifiziertes Personal in verschiedenen Filmgewerken aus. Angefangen bei der Produktion, über die Aufnahmeleitung geht es über Bereiche wie Regieassistenz, Ton, Requisite, Maske, Kostüm, Postproduktion u.a.

nextMedia.Hamburg: Was zeichent Hamburg als Filmstandort aus?

Ulrike Dobelstein-Lüthe: Hamburg ist als Drehlocation mit vielen spannenden Motiven beliebt – auch für internationale Produktionen. Durch die MOIN Filmförderung, die sehr aktiv ist und für eine gute Vernetzung sorgt, haben sich viele spannende Produzent*innen in der Hansestadt angesiedelt. Und die Mischung ist vielfältig: von kleinen Arthouse-Produktionen bis hin zur seriellen Großmaschinerie, wie Studio Hamburg oder Network Movie, ist alles dabei. Hinzu kommt die gute Infrastruktur an Verleihern mit Blick auf Ausstattung und Technik.

 

Das Besondere an den neuen Programmen

nextMedia.Hamburg: Was ist das Besondere am Studiengang Digitaler Journalismus?

Dr. Katharina Schaefer: Das berufsbegleitende Masterstudium ist wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig extrem praxisnah. Das Curriculum wird regelmäßig von uns überprüft und die Dozierenden aus der Praxis können flexibel auf Trends reagieren und aktuelle Best-Cases einbringen. Die Inhalte sind allesamt auf die redaktionelle Arbeit abgestimmt egal, ob es um Produktion und Vertrieb digitaljournalistischer Produkte, Communities und den Dialog mit dem Publikum, die Qualität und Berufsethik im digitalen Journalismus, oder um Preisbildung, digitale Geschäftsmodelle und den Umgang mit Informant*innen oder Urheber- und Bildrechte im digitalen Medienrecht geht, die man für seine journalistischen Produkte beachten muss.

Zudem kann das Studium sehr individuell für die eigene Arbeit genutzt werden. Während Volontär*innen und Jungredakteur*innen digitaljournalistische Grundlagen vertiefen, beschäftigen sich erfahrene Journalist*innen bzw. (angehende) Führungskräfte mit redaktionellem Management. Ob es darum geht Prozesse und Ideen messbar zu machen, den digitalen Wandel aktiv zu gestalten und auch die älteren Mitarbeiter*innen dabei mitzunehmen oder um Workflows, Storytelling oder Marketing, um produktiv neue Formate und Produkte zu entwickeln – in beiden Vertiefungen werden wichtige Grundlagen gelehrt. 

Im zweiten Studienjahr können die Studierenden schließlich nach individuellen Interessen zwischen verschiedenen eher technisch-, management- oder produktentwicklungs-ausgerichteten Schwerpunkten frei auswählen. Im anschließenden Praxisprojekt haben unsere Studierenden bisher tolle Produkte entwickelt, von redaktionellen Tools zu Apps, über Newsletter und Podcasts bis zu Tik-Tok-Kanälen. Die entwickelten Produkte nutzen nicht nur den Unternehmen. Nicht selten machen unsere Studierenden durch die Projekte schnell den nächsten Karriereschritt. Auch freie Journalist*innen können sich besser positionieren und ihre Ideen in geschütztem Raum besprechen, bevor sie umgesetzt werden.

nextMedia.Hamburg: Wodurch zeichnet sich das GetOnSet – Das Film-Trainee-Programm aus?

Ulrike Dobelstein-Lüthe: Das Besondere: In diesem dualen und vergüteten Traineeship, das gemeinsam mit verschiedenen Partnerunternehmen, der Stadt Hamburg, der MOIN Filmförderung und der HMS als Bildungspartner durchgeführt wird, bekommen die Trainees kompaktes Wissen und konkrete Skills vermittelt, die den Einstieg in die Branche auch für Quereinsteiger*innen ermöglicht.

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