Sprachassistenten und Künstliche Intelligenz haben das Potential die Medienwelt komplett auf den Kopf zu stellen.

Voice Assistants und KI im Fokus

Oh my bot! Sprachassistenten und Künstliche Intelligenz sind „DIE“ Themen, die nicht nur die Medienwelt derzeit umtreiben. Doch gerade die Content-Industrie profitiert von den neuen Technologien.

Wenn es um die nächsten Innovationen in der Medienwelt geht, dürfen zwei Technologien nicht fehlen: Sprachassistenten und Künstliche Intelligenz. Welche Relevanz die Kombination dieser beiden Themen für die Content-Branche haben, zeigte erst kürzlich unsere  Studie „Alexa, Siri & Co: Deutsche offen für Sprachassistenten, aber besorgt um Daten“: Ein Großteil der Deutschen sind heute schon offen für Alexa, Cortana & Co. Besonders beliebt sind Service- und Newsangebote: 70 Prozent der Besitzer von Sprachassistenten informieren sich bereits mithilfe der Technologie über aktuelle Nachrichten, Wetter- und Verkehrsmeldungen; 58 Prozent nutzen Alexa & Co., um Contentangebote zu konsumieren. Wenn es nach dem Nieman Lab geht, ist die Zukunft der klassischen News klar: Menschen werden immer häufiger mit Maschinen sprechen. Artikel werden entweder von Computerstimmen vorgelesen oder mit etwas mehr Aufwand von Autoren oder professionellen Sprechern vertont und schließlich nicht nur Eins-zu-eins übertragen, sondern speziell zum Hören produziert. So entstehen völlig neue journalistische Stücke und Arbeitsprozesse. Sprachassistenten könnten die Content-Branche also wieder einmal radikal verändern.

„Alexa, was sind die Nachrichten des Tages?“: Neue Audio-Formate in der Medienwelt


Die wachsende Bedeutung von Voice Search und Audio-Inhalten ist für viele Content-Unternehmen nicht neu. Ob Tagesschau, Bild, Spiegel Online oder n-tv – große Medienhäuser nutzen die digitalen Lautsprecher bereits, um über aktuelle Nachrichten zu informieren. Einst tot gesagt erleben daher Podcasts aufgrund der neuen technologischen Möglichkeiten und gefundenen Geschäftsmodelle ein Revival. Auf dem OMR Festival 2018 lieferte Nasty-Gal-Gründerin Sophia Amoruso spannende Zahlen, um dies zu untermauern. Nach eigenen Angaben verdient sie mit Werbung in ihren Podcasts rund 500.000 US-Dollar monatlich. Und damit ist noch längst nicht Schluss:  Laut des Smart Audio Report von NPR und Edison Research gaben 20 Prozent der Befragten an, mehr Podcasts zu hören, seitdem sie einen Sprachassistenten besitzen. Auch in Deutschland wird das Audio-Format immer beliebter. Laut ARD-/ZDF-Onlinestudieliegen Audio-Angebote wieder fast gleichauf mit Video. 13 Prozent der Nutzung entfallen auf Podcasts. Man kann aber davon ausgehen, dass das erst der Anfang dieser neuen Revolution ist.

Künstliche Intelligenz als Skalierungsmotor


Publisher, die wenig oder keinen nativen Audio-Content produzieren, müssen ihren textbasierten Content effizient transformieren. Eine einfach zu skalierende Möglichkeit besteht darin, Alexa zu erlauben, Geschichten zu lesen, die veröffentlicht wurden. Schwieriger wird es, wenn Journalisten selbst für die Produktion von nativem Audio zuständig sind.

Skalierung wird der Schlüssel zum Erfolg von Sprachdiensten sein.  Daher muss man auch die dahintersteckende Technologie betrachten: Künstliche Intelligenz. So bietet zum Beispiel das kanadische Startup Lyrebird eine Technik an, die Stimmen synthetisch nachbilden kann. So können sich Interessierte zum Beispiel das deutsche Grundgesetz von der Stimme von Donald Trump vorlesen lassen. 

Aber Künstliche Intelligenz ist gerade in Deutschland noch ein heikles Thema, bei dem die Meinungen auseinandergehen. Beim nextMedia-Panel zum Thema „Artificial Storytelling“ auf der diesjährigen Social Media Week Hamburg diskutierten die vier Experten Christina Elmer (Spiegel Online), Larissa Greth (Jung von Matt), Andre Kiehne (Microsoft) und Johannes Sommer (Retresco) über den Einsatz von KI im Journalismus und die daraus entstehenden Vorteile und potentiellen Konsequenzen. Ihr Fazit: Die Content-Branche sollte die Chancen von Artificial Storytelling nutzen, also Mensch und Maschine könnten und sollten dabei ein Team sein.

Dass Konsumenten durchaus offen für KI sind, zeigt auch die oben genannte Studie von nextMedia.Hamburg: Über die Hälfte der Umfrageteilnehmer können sich durchaus vorstellen, mit Künstlicher Intelligenz zu kommunizieren. Ganze 70 Prozent derjenigen, die bereits einen Sprachassistenten besitzen, glauben sogar, dass die Kommunikation mit der Technologie in Zukunft alltäglich sein wird. Einen Durchbruch der smarten Speaker erwarten die Meisten aber erst in einigen Jahren. Große Unsicherheit herrscht insbesondere beim Thema Datenschutz.

Herausforderungen für die Content-Branche: Was ist zu tun?


Um die Vorteile von Sprachassistenten voll nutzen zu können, muss nicht nur beim Thema Datenschutz  mehr Transparenz geschaffen werden. Medienunternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Geschäftsmodelle an die ansteigende Nachfrage nach Audio-Angeboten anzupassen und Audio-Inhalte effizient und flexibel für unterschiedliche Plattformen und Nutzungssituationen auslieferbar zu machen. Auffindbarkeit und Personalisierung sind hier auch ein Thema. Bislang fehlen innovative Anzeigenformate und flexible Bezahlmöglichkeiten, damit die Monetisierung des Contents gut funktioniert. Darüber hinaus herrscht eine große Abhängigkeit von Plattformen wie Spotify oder Audible, die insbesondere den Podcast-Markt bestimmen. Das Eindringen sehr unterschiedlicher Markteilnehmer, mit Potential zum Game-Changer zu werden, dürfte daher spannend bleiben. Die französische Zeitung Le Figaro beispielsweise arbeitet  im Rahmen des Googles DNI Fundings an Text-zu-Sprache und Sprache-zu-Text-Techniken. Die erste KI wird verwendet, um Audio-Briefs für Sprachassistenten zu generieren, während Letztere die Integration von Untertiteln in Live-Video-Feeds ermöglicht.

Die Beispiele zeigen, experimentieren geht vor studieren! Umso wichtiger ist es, keine Scheu davor zu haben, mit Voice Assistent-Anwendungen und KI zu spielen und in die passende Software und Infrastruktur zu investieren. Auch eine Zusammenarbeit mit Förder- und Forschungsinstitutionen sowie ein regelmäßiger Austausch auf Foren und Veranstaltungen können an dieser Stelle hilfreich sein. Seminare wie der Voice Assistant Day der Hamburg Media School in Kooperation mit nextMedia.Hamburg soll Marketern, Designern, Projektmanagern und Entwicklern die Grundlagen der Konzeption von Sprachassistenten vermitteln.

Schon jetzt hat der Kampf um einen neuen Markt begonnen: Technologiekonzerne wie Google oder Amazon, die über Hardware wie Echo und Home wieder einmal die Infrastruktur stellen. Klassische Content-Anbieter, die – außer im Radiomarkt – vor der Herausforderung von KI getrieben Text-To-Speech (TTS) stehen. Und neue Player, deren Content und Geschäftsmodell originär auf die neue Technologie ausgerichtet sein werden. Es ist also Zeit bei dem Thema ernsthaft mitzumischen!

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