Soenke Schierer über das HHLab
„Als Labor sind wir so ziemlich das Gegenteil eines Start-ups“
Als Projektredakteur „Ambient News“ forscht Soenke Schierer im HHLab an der Informationsübermittlung der Zukunft. Im Vorfeld seines scoopamp-Workshops mit Miriam Richter haben wir mit Schierer über das IoT, Digital Detox und Heimatgefühle gesprochen.
Sie untersuchen die Nutzer-Bereitschaft, sich auf neue Informationswege im Internet der Dinge einzulassen. Das Projekt, das sich thematisch in diesem Bereicht bewegt, ist „Ambient News“. Mit Hilfe einer WLAN-fähigen Glühbirne wird dem Nutzer angezeigt, wenn es für ihn relevante Nachrichten gibt. Wie ist die Idee entstanden?
Die Idee rumorte in den Köpfen einiger der jetzigen Projektbeteiligten schon eine ganze Weile. Das sind vor allem Joachim Dreykluft, Leiter des HHLab, und Martin Virtel von den Datenfreunden. Dabei ging es vor allem darum, das Internet der Dinge zu nutzen, um klassische journalistische Inhalte zu vermitteln. Die Glühbirne kam dann erst eine Weile später dazu. Nach einem Workshop, den wir ganz zu Beginn des jetzigen Projekts mit etwa 40 Interessierten aus ganz Schleswig-Holstein gemacht haben, haben wir festgestellt, dass bei vielen Menschen Stress aufkommt, wenn es um die Mediennutzung geht. Licht kann eine ganz entscheidende Wirkung erzielen, wenn es darum geht eine Information, und damit auch eine Stimmung zu transportieren. Durchaus auch eine beruhigende. Und das versuchen wir zu nutzen, weil wir versuchen den Leuten „Digital Detox“ zu bieten. Deshalb Licht. Vorstellbar wären aber natürlich auch ganz viele andere Alltagsgegenstände. Bilder, Spiegel oder Kühlschränke und Kaffeemaschinen. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass mein Sofa mich anspricht, wenn ich darauf liege, um mir mitzuteilen, dass ich mich langsam sputen muss, um meinen Termin zu erreichen.
Welche Erfahrungen haben sie bisher mit „Ambient News“ machen können? Wie sah das Feedback der Nutzer aus?
Das Feedback unserer Teilnehmer ist grandios. Das war schon in unserer ersten Prototypen-Runde im Frühsommer so, als wir insgesamt 13 Testhaushalte hatten. Aktuell läuft eine weitere Testrunde mit etwa 60 Haushalten. Und wieder bekommen wir laufend Rückmeldungen und zwar auch dann, wenn wir gar nicht nachfragen. Das Feedback ist dabei vor allem immer produktiv. Erst kürzlich hat mir ein Teilnehmer eine vier DIN A4-Seiten umfassende Mail geschickt. Ich kann also ruhigen Gewissens sagen, dass wir da eine echt gute Testgruppe zusammenbekommen haben. Die gemeinsame Arbeit am Projekt macht richtig Spaß.
Was wollen Sie langfristig mit diesem Projekt erreichen?
Viel wichtiger ist uns, was wir kurz- bis mittelfristig mit „Ambient News“ erreichen wollen. Wir wollen herausfinden, ob bei Menschen, die in nicht-urbanen Regionen leben, so wie zum Beispiel in weiten Teilen Schleswig-Holsteins, eine Grundbereitschaft besteht, sich über das Internet der Dinge informieren zu lassen. Was wir machen, ist also Grundlagenforschung. Dabei denken wir eher in Testphasen. Nach jeder Testphase hinterfragen wir anhand der Ergebnisse das Projekt, die Grundidee und unser Herangehen. Dann entscheiden wir über den weiteren Verlauf.
Ein weiteres wichtiges Thema im HHLab ist der Begriff Heimat. Dort gehen sie der Frage nach, wie man digitalen Journalismus schafft, der sich nach Heimat anfühlt. Wie passen Heimatgefühle und Digitaljournalismus zusammen?
Heimatgefühle und Medien passen zusammen. Digitaljournalismus ist dabei nur ein Teil. Wir sind ein regional extrem verankertes Medienhaus. Natürlich beschäftigen wir uns da mit dem Heimatbegriff. Schließlich sind wir mit unseren Marken für einige Menschen sogar Teil ihres Heimatgefühls. Dieses Gefühl besser zu verstehen und durch Medien zu transportieren, gehört deshalb zu den Zielen, die wir uns gesetzt haben. Und wie das bestmöglich funktioniert, versuchen wir herauszufinden.
Beim Ihrem scoopcamp-Workshop haben Sie gemeinsam mit Ihrer Kollegin Miriam Richter aufgezeigt, warum das HHLab “kein StartUp, sondern ein StartDown” ist. Was meinen Sie damit?
Als Labor sind wir so ziemlich das Gegenteil eines Start-ups. Wir haben nicht die eine Idee, die wir irgendwie an den Markt bringen müssen, und die sich verkaufen muss. Außerdem beginnen wir, so wie bei „Ambient News“, nicht selten ganz unten und betreiben Grundlagenforschung. Diesen forschenden Ansatz verfolgen klassische Startups eher selten. Wir aber können so ein Fundament für unsere Ideen und Entwicklungen schaffen, das dafür sorgen soll, dass sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie sich erfolgreich am Markt etablieren. Alles will ich an dieser Stelle aber noch nicht verraten. Ein bisschen was wollen wir dann ja auch noch in unserem Workshop erzählen.
- Tags: Innovation, Journalismus
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