Ralf Klassen, Gründer und Chefredakteur von CONE

Ralf Klassen (CONE) kommentiert den Media Innovation Report

| | Bewegtbild

Unser Media Innovation Report hat einmal mehr aufgezeigt, dass das lineare Fernsehen vor einer ungewissen Zukunft steht. Während die älteren Konsumenten überwiegend klassische, lineare Bewegtbild-Angebote bevorzugen, präferieren die jüngeren Zuschauer Video-on-Demand und Streaming-Angebote. Der zweite Teil der Studie ergab zudem, dass Nutzer einen  möglichst günstigen und werbefreien Streaming-Content bevorzugen und nur bei großen Preisnachlässen dazu bereit sind, Werbung in Kauf zu nehmen. Wir haben fünf Kernaussagen des Reports rausgesucht und diese Ralf Klassen, seines Zeichens Gründer und Chefredakteur der On-Demand-Redaktion CONE und Mitglied der newTV Focus Group, vorgelegt. Wie er die Zahlen einschätzt und die Zukunft des Bewegtbild-Marktes sieht, erfahrt ihr hier.

Fakt 1: 80 Prozent der Deutschen nutzen regelmäßig lineare Bewegtbild-Angebote

Es gibt ja auch noch viele Menschen, die Dieselautos fahren. Im Ernst: Natürlich hält lineares Fernsehen noch viele spannende Angebote bereit, von großen Sportereignissen über Krimi- und Quizshow-Events oder natürlich auch News. Aber wenn man bedenkt, dass noch vor sechs, sieben Jahren rund 95 Prozent der Deutschen lineares TV geschaut haben, ist das ein Rückgang, der in jeder Branche zu Dauerkrisensitzungen führen würde.

Fakt 2: Zwei Drittel der 18-29-Jährigen glauben dennoch, dass das lineare Fernsehen in zehn Jahren tot ist.

Lassen Sie uns diese Gruppe mal umbenennen, in Generation YouTube. Die waren alle zwischen 5 und 16 Jahre alt, als Youtube 2006 gestartet ist. Für die sind Webvideo und Video-on-demand das Medium ihres Erwachsenwerdens. Und bleibt es jetzt auch. Es ist doch offensichtlich, dass das oft gebrauchte Selbstberuhigungsmantra „Wenn die mal älter werden, schalten sie am Feierabend eh klassisches Fernsehen wie ihre Eltern ein“, überhaupt nicht eingetreten ist.

Fakt 3: 46 Prozent der Befragten wollen nicht mehr als fünf Euro für Streaming-Services zahlen. Nur fünf Prozent wären bereit, über 25 Euro zu zahlen.

Ich glaube, dass das nur eine Momentaufnahme ist. Sicher, auch Medienkonsum ist preissensitiv, aber ich denke, dass mit wachsender Verbreitung und damit Steigerung der Bekanntheit, auch die Bereitschaft, mehr Geld für VoD auszugeben, wachsen wird. Größer wird das Problem an anderer Stelle: Wissen Sie, dass es in den USA jetzt das Phänomen der „Subscription fatigue“, also der „Abo-Erschöpfung“ unter TV-Zuschauern gibt? Aber nicht, weil die Streamingdienste so teuer wären – nein, es gibt viel zu viele davon, das ist verwirrend für die Leute. Dieses Problem sehe ich auch hierzulande auf uns zukommen.

Fakt 4: Für mehr als 35 Prozent kommt Werbung bei der Nutzung von kostenpflichtigen Streaming.-Diensten überhaupt nicht infrage.

Ja, das ist ja auch schrecklich. Andererseits haben sich die Menschen anscheinend auch recht schnell an Werbung auf dem Pay-TV-Kanal Sky gewöhnt, obwohl da bei Fußballspielen mittlerweile mehr Spots laufen, als bei „Wer wird Millionär?“

Fakt 5: 59 Prozent finden Algorithmus basierte Programmempfehlungen hilfreich.

Ja, auch ohne lineares TV haben es die jungen Menschen auf dem Feierabend-Sofa gerne bequem und leicht. Nicht lange suchen, etwas schnell finden, was mutmaßlich Freude macht, wer will das nicht? Aber natürlich entgehen einem so viele schöne neue Erlebnisse mit dem Medium Bewegbild. Ganz abgesehen davon, dass natürlich auch die praktischen NewTV-Datenkraken am Ende auch gefährliche Datenkraken sind.

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